Als einer der am häufigsten zitierten Aussprüche Gerhart Hauptmann bewährt sich der Satz aus der Trauerklage über die Zerstörung Dresdens: „Wer das Weinen verlernt hat, der lernt es wieder beim Untergang Dresdens.“ Durch eine Sendung des ZDF über August den Starken kam jetzt die Frage auf, ob es sich um Selbstzitat handele, denn beim Anblick des Grünen Gewölbes habe der Dichter geschwärmt: „Wer das Staunen verlernt hat, der lernt es hier wieder“ (Quelle: http://terra-x.zdf.de/ZDFde/inhalt/12/0,1872,7527916,00.html, besucht am 21.03.2009).
Die Sache war mir neu. In Hauptmanns Werk finden sich zwar massenweise Parallelstellen, doch hier dürfte es sich um einen Irrtum handeln. In einem Artikel des ‚Hamburger Abendblatts‘ anläßlich der Wiedereröffnung des Historischen Grünen Gewölbes vom 1.9.2006 schreibt Matthias Gretzschel: „Und in Abwandlung eines berühmten Ausspruchs des über den Untergang Dresdens trauernden Dichters Gerhard [sic] Hauptmann möchte man sagen: Wer das Staunen verlernt hat, der lernt es wieder beim Rundgang durch das auferstandene historische Grüne Gewölbe.“ (Quelle: http://www.abendblatt.de/daten/2006/09/01/605354.html?s=1, besucht am 21.03.2009)
Von dort aus fand das scheinbare Zitat den Weg in die Wikipedia, wie die Versionsgeschichte des Artikels über das Grüne Gewölbe zeigt, zunächst sogar mit der inzwischen korrigierten falschen Schreibung von Hauptmanns Vornamen (Vergleich der Versionen vom 01. und 02.09.2006, besucht am 21.3.2009), und seitdem wird es zu Werbe- und sonstigen Zwecken gern nachgeplappert.
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Inzwischen ist die Seite zum Beitrag des ZDF vom Netz genommen worden. Das Internet Archive (http://www.archive.org) konnte sie trotz einiger Versuche nicht erfassen: http://wayback.archive.org/web/*/http://terra-x.zdf.de/ZDFde/inhalt/12/0,1872,7527916,00.html. Da der Prozeß trotzdem interessant und möglicherweise charakteristisch für die Verbreitung unzutreffender Sachverhalte, lasse ich den Blogeintrag unverändert.